Madeleines mit Blutorangenglasur

Wie lange braucht man, um anzukommen? Ab wann ist ein Zuhause ein Zuhause?

Nach neun Jahren bewege ich mich so fließend durch die Straßen meiner Stadt, dass es sich fast so anfühlt, als hätte ich noch nie einen Gedanken daran verschwendet. Es fühlt sich an, als lebte ich länger hier als irgendwo sonst.  So vertraut wie diese hat sich meine Heimatstadt nie angefühlt.

Wenn ich nicht hier bin, habe ich immer Wien-Weh. Es beim Namen zu nennen, Heimweh, habe ich mich nie getraut. Zu sehr habe ich Rücksicht genommen auf Menschen, die immer versucht haben mir hundert Gründe zu geben Heimweh nach dem Ort zu haben, an dem ich früher war und sie immer noch sind. Aber immer, wenn ich dann dort bin, rollt dieses Gefühl wieder an, dieses Heimweh.

Und in diesem Gefühl sehe ich eines ganz klar.
Die Stadt. Kurzes Fachsimpeln über die besten Strudel-Äpfel mit meiner Lieblingsstandlerin samstags am Rochusmarkt. Winter-Schneestürme vom Schreibtisch aus beobachtet. Blühender Holler am Leopoldsberg, während man mit Freunden, die irgendwo am Weg abhandengekommen sind, Gespräche über Traurigkeit führt. Der Blick bei der Fahrt über die Reichsbrücke wenn die Sonne untergeht. Sandige Hundepfoten nach einem Abendspaziergang im Hochsommer auf der Donauinsel. Die Gesprächsfetzen rund um mich im Schanigarten bei einem weißen Spritzer. Elendig heiße Hundstage, die nie vorbeizugehen scheinen. Die Sonnenschatten hinter geschlossenen Augenlidern auf Parkbänken sitzend. Altweibersommer mit Brombeerbrocken am Wienerberg. Tägliches Fensterbankerl-Frühstück mit Morgensonne und den letzten reifen Zwetschken der Saison. November-Tristesse, der nur Tante Jolesch lesend und Melange trinkend im Café Jelinek Einhalt geboten werden kann. Kniehoher Schnee im Wienerwald und die Freude darüber, die tagelang andauert. Nachbarinnen, die dir handgeschriebene Briefchen in die Tür klemmen und andere, die du abends hin und wieder durch die Wand Operetten singen hörst.

Wenn ich an all das denke, glaube ich zu wissen wie sich angekommen sein anfühlt.

MADELEINES MIT BLUTORANGENGLASUR

ergibt ca. 18-20 Stück // Rezept adaptiert nach Julia Child
Madeleine-Form
Spritzbeutel / Gefrierbeutel 

120 Gramm Butter
130 Gramm Feinkristallzucker
2 Bio-Eier (Zimmertemperatur)
160 Gramm Weizenmehl (universal)
Prise Salz
1 Prise gemahlene Vanille // Inhalt einer Vanilleschote
100 Milliliter Blutorangensaft 
Staubzucker zum Bestreuen

für die Glasur
6-8 EL Staubzucker
50 ml Blutorangensaft

 

 

Die Butter in einem kleinen Topf schmelzen und zum Auskühlen beiseite stellen. Eier, Zucker und eine Prise Salz mit Hilfe einer Küchenmaschine (oder elektrischen Mixers) schaumig schlagen. Die Masse sollte sich im Volumen verdoppeln, das dauert ca. 5-8 Minuten. Währenddessen die Madeleine-Form großzügig ausbuttern, bemehlen und beiseite stellen. Der aufgeschlagenen Eier-Zuckermasse die Vanille sowie die Zitronenresten beimengen. Nun das Mehl nach und nach unterheben. Bei diesem Schritt darauf achten, dass behutsam gearbeitet wird, damit der Teig nicht zu viel an Volumen verliert. Zuletzt die geschmolzene Butter und den Blutorangensaft einrühren, bis sie sich mit dem Teig verbunden haben. 

Nun den Teig in einen Spritzbeutel füllen und für 30-60 Minuten kaltstellen. Sobald er durchgekühlt ist, den Ofen auf 180 Grad vorheizen und die Mulden der Madeleine-Form zu gut 2/3 füllen. Die Madeleines ca. 12-15 Minuten backen. Hierbei lohnt es sich ein Auge auf die Farbe der Madeleines zu haben. Denn die tatsächliche Backzeit erkennt man am einfachsten mit dem freien Auge. Leicht golden an den Rändern sollten sie sein, dann dürfen sie aus dem Ofen raus. Einige Minuten abkühlen lassen und noch warm aus dem Blech stürzen. 

Für die Glasur Staubzucker und Blutorangensaft verrühren, bis eine glatte Zuckerglasur entsteht. Die abgekühlten Madeleines eintunken. Nach ca. einer Stunde sollte die Glasur vollständig getrocknet sein. 

 
Nota Bene

Wer keinen Spritzbeutel zur Hand hat, der kann mit gutem Gewissen einen Gefrierbeutel verwenden. Den Teig fülle ich mit Hilfe eines Glases ein, in den ich den Gefrierbeutel stülpe. So verrutscht nichts und das Patzen hält sich in Grenzen. Am besten den provisorischen Spritzbeutel gleich mitsamt des Glases in den Kühlschrank stellen, damit der Teig durchkühlt. Bei Verwendung einfach eine Ecke abschneiden und  schon kann er problemlos verwendet werden. 

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Über Mara

Eine Exil-Salzburgerin und Wahl-Wienerin, die ihr Herz an die kulinarische Vielfalt Österreichs verloren hat. Egal ob beim Nachkochen von Oma's Originalrezepten oder bei neu interpretierten Klassikern - am wichtigsten ist der Genuss! Denn Essen soll nicht nur den Bauch füllen, sondern auch das Herz wärmen.

1 Kommentar

  1. 19. Februar 2019 um 18:55

    Wunderbarer Text. Ich kenne das Gefühl nur zu gut und verstehe dich da voll und ganz!
    Und wie immer ein herrliches Rezept! Werde das auf jeden Fall nachbacken. Die Form dazu hab ich gerade gekauft.

    Liebe Grüße aus Berlin ?

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